Stärkt die Jugendverbände

Erschienen am 24. November 2018 in Allgemein

 

Seit Jahren, oder sind es doch Jahrzehnte, schlagen sich die Jugendverbände und nicht zuletzt die DPSG auf allen Ebenen und nun zuletzt wieder auf der Diözesanebene immer mit dem Problem herum, nicht genügend Führungs- und Leitungskräfte gewinnen oder geeignete Leute für das eine oder andere Amt motivieren zu können.

Die Crux liegt doch nicht darin, dass es keine qualifizierten Leute gibt oder dass nicht alles von den Verbänden getan würde, um interessierte Frauen und Männer zu qualifizieren! Das Problem ist schlicht und einfach das, dass Ausbildungs- oder Studienplatzort bzw.der Arbeitsplatz oft zu weit entfernt ist, um am Ort des Amtes oder der Aufgabe sinnvoll und regelmäßig anwesend sein können. Keine Studienplatzvergabeinstitution, keine Regierung nimmt Rücksicht auf das ehrenamtliche Engagement in den Verbänden.

Und sozusagen auf einer Ebene tiefer, in der schulischen Ausbildung, werden die Anforderungen an den Lehrplan und die Bürokratie immer höher geschraubt. Natürlich will man mit den Anforderungen einer prosperierenden und global konkurrierenden Wirtschaft mithalten können. Aber manche Kompetenzen kann halt die Schule kaum oder nur ungenügend vermitteln. Im Vermitteln von Faktenwissen ist sie mit Sicherheit unschlagbar. Aber schon dann, wenn es um Erwerben von sogenannten affektiven und psychomotorischen Fähigkeiten geht, wie unterschiedliche Interessen oder gegensätzliche Anschauungen aushalten, sachgerecht darüber diskutieren, Entscheidungen herbeiführen, Kompromisse schließen können, da wird es schwierig,weil einfach Raum und Zeit fehlen. Und gerade diese Fähigkeiten und die damit verbundenen Fertigkeiten wären notwendig, wenn es um die Gestaltung unserer Gesellschaft geht.

Hat nicht der letzte Landtagswahlkampf und vorher der Bundestagswahlkampf erschreckend gezeigt, dass zunehmend Kräfte am Werk sind, die nur dumm daher reden, nur niedermachen, nur draufhauen können? Und nur in einer Sprache, die unsereins als Gossensprache kennengelernt hat. Da geht es mir nicht um eine unqualifizierte Bemerkung, die einem halt hin und wieder in der Aufregung entfährt. Da gibt es dann immer die Möglichkeit, sich zu entschuldigen und sich mit dem Gegner wieder ins Benehmen zu setzen. Wenn man das dann wirklich noch will.

Der Bayerische Lehrerinnen- und Lehrerverband sieht auch diese politische Verrohung und will nun der Schule mehr Demokratie aufpacken und fordert „mehr Freiraum für politische Bildung“, soin der Passauer Neuen Presse vom 12. November 2018. So ein Freiraum kann aber nur zu Lasten anderer Fächer geschaffen werden. Und da jammern Fachvertreter seit Jahren, dass eigentlich eh zu wenig beispielsweise im Sport, oder in den geisteswissenschaftlichen Fächern oder immer noch in den naturwissenschaftlichen Fächern getan wird. Und echte politische Bildung ist nicht damit getan, dass neue Strukturen geschaffen werden – „Klassenrat“ – oder Lehrer auch mal kritisiert werden dürfen. Es braucht Raum und Zeit.Im Grunde haben wir sowieso schon die Ganztagsschule.

Die Alternative kann nur heißen: Stärkt die Jugendverbände!
Pfadfinderische Bildung und Erziehung setzt einerseits auf Freiwilligkeit, andererseits auf Gemeinschaft und Solidarität. Wenn Vorhaben und Projekte entstehen, fördert das die individuellen Kompetenzen wie Interessen wahrnehmen, Erfolg und Risiken abschätzen,Kompromisse schließen und überhaupt Prozesse aushalten können (um nur einige Beispiele zu nennen). Gefördert und geübt werden aber auch die sozialen Kompetenzen, auf christlicher Basis auch Vertrauen und Liebe

Ohne jetzt andere Verbände in ihrer Bedeutung schmälern zu wollen –wie wichtig und förderlich die pfadfinderische Bildung und Erziehung, das „Scouting“, auch für die kirchliche Jugendarbeit ist, hat der Initiator und Gründer der DPSG im Bistum Passau vor knapp 70 Jahren erkannt, Joseph Paul Demmler. Als Kaplan (in Tittling) gründete er den Stamm und in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband schließlich den Diözesanverband.

Kapläne waren lange Zeit Initiatoren und Kuraten. Da gab es auch noch mehrere bis in die 70er und 80er Jahre. Jetzt hängt die Verantwortung hauptsächlich an Eltern und/oder beruflich und studienmäßig mehr als ausgelasteten Frauen und Männern, die sich unter den eingangs geschilderten Bedingungen ihres Studienplatzes oder ihres Arbeitsplatzes engagieren.

Dass Kirche sich nun – erfreulicherweise (nun nach dem II.Vatikanischen Konzil, also so seit rd. gut 50 Jahren) – für die demokratische Gesellschaft verantwortlich weiß, müsste auch zur Konsequenz haben, dass die Ressourcen der Jugendverbände und insbesondere das demokratische Potential in der Jugendverbandsarbeit mehr denn je gefördert werden müssen. Sagt nicht Kardinal Marx (in einem Interview mit dem Domradio Köln domradio.de im August dieses Jahres): „Die Demokratie ist kein Selbstläufer, sondern benötigt das Engagement der Menschen auch im Alltag und in der Zivilgesellschaft. Und in der Kirche sind wir Kämpfer für die Freiheit der Menschen, die ja Grundlage der Würde des Menschen ist.Deswegen haben wir die besondere Aufgabe, mit darauf zu achten, dass dieses kostbare Gut der Freiheit nicht in Bedrängnis kommt. “

Da passt es doch, wenn man im Zusammenhang mit den Ergebnissen der jüngsten sogenannten Jugendsynode im Passauer Bistumsblatt vom 4.November 2018 die Schlagzeile lesen kann: „Mehr Geld für die Jugendarbeit“. Neben der Förderung der Ausbildungs-, Bildungs- und Freizeitaktivitäten müsste es nun vor allem gelingen, die Qualifizierung von Nachwuchskräften in Leitungs- und Führungsämtern systematisch und gezielt in den Blick zu bekommen. Vielleicht in der Art eines Traineeprogramms, wie es beispielsweise Wirtschaft und Hochschulen schon lange praktizieren. Dabei könnten zertifizierte Bausteine für die weitere individuelle Ausbildung oder berufliche Laufbahn erworben werden. Das Alles in Zusammenarbeit mit allen relevanten Bildungs- und Ausbildungsinstitutionen, unterstützt durch eine dauerhafte und effektive politische Lobbyarbeit, die den Wert ehrenamtlicher Arbeit gerade bei der Vergabe von Ausbildungs- und Studienplätzen und bei der Besetzung von Planstellen berücksichtigt.

Kirchliche Jugendarbeit, genauer Jugendverbandsarbeit muss als wichtiger Bestandteil zum Erhalt und zur Weiterentwicklung der freiheitlichen demokratischen Konstitution unserer Gesellschaft gesehen und gewürdigt werden – siehe Kardinal Marx.

Kaj. Fuchs,
Vorsitzender des Freundes- und Fördererkreis St. Georg Passau und Vorstandsmitglied des BDKJ St. Altmann Vereins zur Förderung kirchlicher Jugendarbeit